Das Detail ist wichtiger als das Ganze / Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Edmunda Hartmann

mit neuen Arbeiten: Grafik und Malerei in der Villa Falkenhorst Thüringen.

Die Reise für den Menschen Edmunda Hartmann beginnt in Thüringerberg. Nicht heute- nein, sie beginnt dort
vor mittlerweile 78 Jahren. Wurzeln sind wertvoll. Ahnenforschung hat sie ansatzweise probiert, weniger um
sich zu legitimieren, als vielmehr ihren eigenen Nachkommen ein Fotobuch über deren eigene Geschichte mitgeben zu können.

Thüringerberg bedeutet Heimat, genauso wie Bludesch, wohin Edmunda mit kaufmännischer Ausbildung
heiratete. Vielleicht aus Tradition, eher aus Überzeugung geben die jungen Eltern vier Kindern eine Chance.
Ein Transportunternehmen musste aufgebaut und betreut werden. Heute dürfen sich die Eltern an ihrer
liebevollen Familie erfreuen.

Seit 1988 lebt Edmunda Hartmann in Thüringerberg und schätzt was da und gut ist. Zufriedenheit ist auf Dauer 
wichtiger als flüchtiges Glück. Heimat ist für sie ein Gefühl und nicht unbedingt an einen Ort gebunden.
Natur, Ruhe, Zeit für sich haben sind wichtige Parameter.
Die Natur hat die schönsten Formen.

Die Reise beginnt für die Künstlerin Edmunda Hartmann in der Natur. Bald 30 Jahren ist sie nun aktiv. Eine
abgeschlossene Ausbildung in Malerei und Grafik, die Mitgliedschaft in der Berufsvereinigung der Bildenden
Künstler und zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland stehen auf ihrer Habenseite. Kenntnisse in
Philosophie und Kunstgeschichte gewinnt sie bei schon jahrelangem Besuch der Uni Innsbruck als Gasthörerin.

Es sind nicht die grossen Postkartenmotive, sondern vielmehr die oft wenig beachteten Details, die ihre
Aufmerksamkeit erheischen. Verschiedene Gräser stehen oft am Anfang, in der künstlerischen Arbeit
nochmals stark reduziert, bleiben am Ende Striche, durch Überlagerungen bekommen ihre Bilder Tiefe.
In früheren Jahren wies Hartmann im Vergleich mittels Fotografie von Alltagsgegenständen, wiederum
reduziert auf ein kaum erkanntes Detail, auf diesen Umstand hin. Die Denkweise der Künstlerin ist nicht so oft 
deckungsgleich mit jener des Publikums- davon ist Edmunda Hartmann überzeugt. Verständnis braucht Erklärung,
doch nur zögerlich gibt Hartmann diesem Verlangen nach. „meine Bilder möchten sich selbst erklären“.
Die oben erwähnte Fotografie mochte da noch weiter Verwirrung stiften. Titel helfen eher, Texte würden es noch mehr tun---
vielleicht schreibt Edmunda Hartmann etwas zu ihren Bildern.

Was die Fotografie kann, muss man nicht mit künstlerischen Mitteln tun, das hat Hartmann in ihrer
Ausbildung zur Künstlerin erfahren. Es überrascht deshalb nicht, dass auch die Ausschnitte vom Weiher, einem
Lieblingsplatz der Thüringer, deren Umgebung und der Künstlerin selbst, wieder abstrakte Züge
enthalten. Landschaftsmalerei ist nicht ihres. Ihr Motto lautet: „ Da, wo schon wenig sehr aussagekräftig ist,
muss zuerst viel da gewesen sein.“
Form oder Farbe? Diese Frage ist bei Hartmann rasch zugunsten Ersterem entschieden. Eine harmonische
Bildeinteilung ist ihr wichtig. Kunst muss aber nicht um jeden Preis gefallen, sondern die Aussage ist entscheidend.
Dies gilt auch für den Ort, wo sie ausgestellt ist. Weniger ist mehr, lautet ihr Motto auch in Falkenhorst.
Die Künstlerin als Handwerkerin.
Edmunda Hartmann hat es sich nicht einfach gemacht. Schon Ingo Springenschmid hat vor Jahren festgestellt,
dass ihre Arbeiten für Verlangsamung stehen. Die Künstlerin meint, ihr fehle manchmal die Spontanität,
dafür stehen ihre Arbeiten für Gewissenhaftigkeit und einen langen, von Unzufriedenheit und Selbstzweifel begleiteten
Prozess der Kunstwerdung. Und Edmunda Hartmann ist diesen Weg konsequent gegangen.


Nebst Aquatinta- und Weichgrundradierungen, die hier zu sehen sind, hat sie eine heute selten verwendete Technik,
das
Mezzotinto, auch Schwarzkunst genannt, ein aufwändiges Tiefdruckverfahren ihren Arbeiten
zugrunde gelegt. Ausgangspunkt ist die Kupferplatte, die mit einem so genannten Wiegemesser stundenlang aufgeraut
werden muss. Nach gleichmässig aufgetragenen Druckerschwärze muss sich der Probedruck in einem samtigen
Schwarz präsentieren. Die ungleich schönere Arbeit ist die Glättung, mithilfe derer das Bild entsteht. Je nach Stärke der Polierung
ergeben sich hellere oder dunklere Stellen. Die gefertigte Kupferplatte wird auf eingeweichtes, handgeschöpftes Papier gedruckt,
was beim fertigen Bild samtige Schwarz-Weiss Kontraste zulässt.

Die Idee, die Aussage ist der künstlerische Akt, die Umsetzung ist eine viele Stunden umfassende Handarbeit.

Andreas Rudigier , Landesmuseumsdirektor.