Die Arbeiten Edmunda Hartmanns stehen für mich für Verlangsamung, für die Hartnäckigkeit, das Schritttempo einzuhalten, die Zeit selbst zu bestimmen. Die Arbeit am Bildgrund scheint von gleicher Intensität zu sein wie das (vorläufig?) abgeschlossene Bild. Das heißt, daß ein Bild so vorzubereiten ist, daß deutlich wird, ein Bild sei ein Geschehen nicht ohne Grund. Dieses "ist" - Bild, das an sich schon Bild ist, wird durch Verfeinerungscoups - vergleichsweise wie das Fädenziehen, um die letzten Spuren einer Wunde zu beseitigen -obwohl nichts Sichtbares vorhanden, aufgerieben, der Grund vielleicht nur noch wie Wasserzeichen, als quasi Bewertungskriterium, durchscheinen. Ist nicht eigentlich das abgeschlossen Bild nur das Bezeichnen, Beschreiben des so sorfältig erarbeiteten Programms "Bild" und nur Auslegung des Bildes? Das sich daraus ergebende Bild wird sich nicht wesentlich verselbständigen, keineswegs vom Bildgrund ablösen, schon eher herauslösen. Nie entsteht der Eindruck eines Bildes über einem Bild, sondern das sich entwickelnde Bild ist immer Folge der Absicht ein Bild vorzubringen, zu bezwecken. Oft basiert ein Bild auf Anregungen wie sie durch Strukturen des Bildmaterials vorgegeben sind.

Edmunda Hartmann arbeitet an mehrern Bildern gleichzeitig und immer ist es so, daß man nicht weiß, in welcher Phase sich das einzelne Bild befindet und oft scheint es, daß die Materialien, die das Bild zum Bild werden lassen, auch umgekehrt durch das fertige Bild definierbar werden. - Hinter Edmunda Hartmann liegen die schwierigen Prozesse offene Fragen unbeantwortet zu lassen, der Arbeit an sich selbst, Prozeduren der Selbstfindung. Mit gutem Grund wußte sie sich vom Salon der guten Aquarellisten zurückzuziehen und sich von Sujets zu befreien. In der Auseinandersetzung mit Edmunda Hartmanns - zu deutenden- Bildern, wird mann nicht umhinkommen, sich an die Kleinmeister der Modernen Mitte des vorigen Jahrhunderts zu erinnern, etwa an Jean Fautrier, Carl Buchheister oder Wols. - Positionen des Verzichts, der Zurücknahme, des Velustes, und es scheint in diesem Zusammenhang nicht unerheblich zu sein, Wilhelm Baumeister, einen der letzten großen Denker des Bildes zu zitieren, in dessen Nachfolge die heute sechzigjährige Künstlerin in Thüringerberg lebt, arbeitet. -Wilhelm Baumeister (1947) " Die ersten Striche dokumentieren zugleich die Fläche, die vordem nicht greifbar war. Jede Ausdrucksform ergibt selbsttätig die Negativformen in ihrer Umgebung. Die Ausdeutung der Fläche durch Bestimmungspunkte, durch Linien und Flächenwerte, zieht den Künstler verstärkt in den Einflußbereich seiner Ausdrucksmittel und des nun Sichtbar- Werdenden. Was er auf die Fläche brachte, hat er als Studium und neuen Ausgangspunkt von Aktion zu Aktion vor sich. Alles sichtbar Werdende tritt in ein Kraftfeld der Beziehungen. Die Fläche hebt und senkt sich durch helle und dunkle Zonen der Farben. Die Fläche wird er-schüttert, ohne prinzipiell aufgehoben zu werden. Indem der Maler die Fläche mehr und mehr bedeckt, ist er nicht bemüht, in erster Linie fertigzustellen, sondern zu steigern. Dies nicht allein durch Korrektur, sondern vielmehr auch durch Hinzufügen. Alles Nicht Not-wendige ist falsch. In diesem Sinn gelangt er in ein Endstadium, wobei er mit seinen Mitteln auf Gedeih und Verderb verbunden ist. "
Ingo Springenschmid







Schrift – Text – Geflechte – Zaun – Einfriedung

Manche Kulturen verbieten das schriftliche Festhalten ihrer Mythen, um deren Erstarrung zu vermeiden. Im Weitererzählen von Generation zu Generation werden sie fortwährend an neue Gegebenheiten angepasst, bleiben lebendig.

Edmunda Hartmann geht in den Arbeitsgängen ihrer Bildserien ähnlich vor. Oft bleibt nicht viel von den ersten gesetzten Strukturen auf der Leinwand übrig, wenn sie am Ende des Prozesses ankommt. Da und dort eine subtile Andeutung in den zarten, flirrenden Oberflächen.

Der hingestreute Text bleibt Lockruf für die Kreativität. Nicht die Lesbarkeit ist von Bedeutung sondern die Bildwerdung. Andere Geflechte legen sich darüber. Schicht um Schicht, bis ein ‚Nochmehr’ an Dichte keinen Sinn mehr macht.

Das Zugrundegelegte schwingt aber immer mit, als Ahnen und Sehnen. Manchmal bleibt es an ins Bild gesetzten Zäunen hängen. An einer abrupten Grenze, die das Zwiegespräch mit der betrachtenden Person jäh unterbricht. Die Welt drinnen in den Malereien ist nun leise und weit, weit fort. Neuorientierung wird da verlangt. Ein Hinterfragen von Zuständen. Einfriedung heißt innen Frieden und außen Kampf. Wo ist hier aber innen, wo außen? Ist innen im Bild oder in der Gestalt davor?

Wo steht die Künstlerin?
Wo ich?